Hamburger erfindet Universalbeutel für Staubsauger

2021-12-27 03:57:04 By : Ms. Waltmal Manager

Wer beim Kauf von Staubsaugerbeutel die richtige Chiffre vergisst oder sie nicht notiert hat, hat ein Problem. Der Hamburger Michael Justus will dem Abhilfe schaffen. Er hat einen Universalstaubsaugerbeutel erfunden. Bislang wehrten sich die deutschen Hersteller allerdings erfolgreich gegen eine Normierung.

Staubsaugerbeutel sind für viele ein Mysterium, verbunden mit vielen Fragen und wenigen Antworten. Warum zum Beispiel stellt man immer an einem Sonntagnachmittag fest, dass der Staubsauger nur noch müde vor sich hin pfeift, weil der alte Beutel überquillt vor Flusen, Krümeln und Haaren? Warum gibt es so viele verschiedene Staubbeutel? Und warum haben die so komische Namen? Wer die richtige Chiffre vergisst oder sie nicht notiert hat, hat ein Problem. So stehen vor den Staubsaugerbeutelregalen nicht selten verwirrt wirkende Menschen und murmeln Abkürzungen wie M50, M58 und PH03 vor sich hin. Aber selbst wer die richtige Chiffre weiß, kann verzweifeln - denn Drogerien und Supermärkte führen längst nicht alle Beutelvarianten. Wie auch? Das Webportal „Staubbeutel.de“ hatte schon vor zwei Jahren mehr als 1200 verschiedene Beuteltypen gelistet.

Abhilfe schaffen will Michael Justus aus Hamburg. Der 54-Jährige hat einen Universalstaubsaugerbeutel erfunden, angeblich einfach in der Bedienung, für 2,29 Euro das Stück. Momentan ist er nur im Internet (smart-universal.com) erhältlich. Justus sagt, es sei schwierig, in den stationären Handel zu kommen: „Als wir mit den Beuteln auf den Markt gingen, belieferten wir eine größere Drogeriekette, die regelmäßig nachbestellte. Der Verkauf war also anscheinend in Ordnung. Doch plötzlich wollten die keine Staubsaugerbeutel mehr von uns haben.“ Daraufhin begab er sich in die Drogerien, um dem Problem auf den Grund zu gehen - und sah keine seiner Beutel im Regal: „Die waren offensichtlich abgehängt und hinter anderer Ware versteckt worden.“

Michael Justus hat einen Verdacht: Der Platzhirsch auf dem Staubbeutelmarkt habe einen Konkurrenten gewittert. Der Marktanteil von Melitta mit der Marke Swirl wird auf 70 Prozent geschätzt. „Es läuft viel über Werbekostenzuschüsse. Große Lieferanten kaufen sich dadurch quasi Regalplatz - und können unliebsame Wettbewerber vom Markt fernhalten“, sagt Justus. Melitta hält dagegen. Zu dem Vorwurf der Einflussnahme heißt es von Seiten der Unternehmenskommunikation: „Dem Handel steht es frei, welche Produkte er listet. Wir nehmen keinerlei Einfluss auf die Sortimentsgestaltung.“

Im Grunde hat Michael Justus keine Wahl: Er muss in den Handel, in die Supermärkte, Drogerien und vielleicht auch Tankstellen und Kioske, wenn er Geld verdienen will. Denn nur online würde der Verkauf sich seinen Angaben zufolge nicht rechnen. Vier Jahre hat es gedauert, bis sein „Baby“ fertig war, 600.000 Euro hat Justus zusammen mit privaten Investoren aus Deutschland in den Universalbeutel gesteckt, den Löwenanteil davon in Patente. „Wenn mir jemand vor der ganzen Geschichte gesagt hätte, es dauere länger als ein Jahr, bis ich im Markt bin, hätte ich das gelassen. Es war teilweise frustrierend. Das zehrt an allen Kräften“, sagt Justus.

15 Jahre lang hat er in Hongkong gelebt, nun lernte er in den vergangenen vier Jahren den deutschen Markt intensiv kennen. Sein Fazit: „Herkömmliche Staubbeutel sind nicht deshalb so teuer, weil die Herstellungskosten so hoch sind. Das Geschäft läuft ähnlich wie bei Druckern - das Gerät ist günstig, der Nachschub teuer. So rentiert sich das Ganze.“ 220 Millionen Euro Jahresumsatz machen die Hersteller mit Staubbeuteln, schätzt man in der Branche. Klar: Fast jeder der 40 Millionen Haushalte in Deutschland hat einen Staubsauger, und im Schnitt muss der Beutel fünfmal pro Jahr gewechselt werden - die Nachfrage ist also da.

Zudem hat nach Meinung von Michael Justus die Verwirrung um die Beutelbezeichnungen System: „Die Vielzahl und die Unübersichtlichkeit halten kleinere Wettbewerber davon ab, in den Markt einzusteigen. Denn wenn es nur zehn Modelle für Staubbeutel gäbe, würden sich ja alle darauf stürzen, die herzustellen.“ Kein gutes Geschäft für die etablierten Unternehmen auf dem Markt. Fragt man bei Melitta, warum es denn so viele verschiedene Beutelmodelle gibt, heißt es: „Derzeit sind in den deutschen Haushalten mehrere Tausend unterschiedliche Staubsaugermodelle vorhanden, die oftmals zehn Jahre und älter sind.“ Diese große Vielfalt erfordere eine entsprechende Anzahl an passenden Beuteltypen. Denn passen Beutel und Gerät nicht genau zueinander, könne der Staub nicht sicher vom Beutel aufgenommen werden und lande im Gerät. Schäden wären die Folge. Ist es also nur die Sorge um die Staubsauger, die Melitta und andere Hersteller dazu bewegt, so viele verschiedene Modelle mit ganz unterschiedlichen Namen zu produzieren?

In der Vergangenheit gab es mehrere Versuche, Staubsaugerbeutel zu normieren - allerdings nicht von den Herstellern, sondern von Verbraucherschutzorganisationen. Doch die deutschen Hersteller wehren sich erfolgreich dagegen. So hatte der Verbraucherrat des deutschen Instituts für Normung (DIN) vor fast 20 Jahren einen Antrag darauf gestellt, Form und Bezeichnung von Staubsaugerbeuteln zu vereinheitlichen. Dieser wurde von der Industrie abgelehnt. „Die Beteiligten damals konnten sich nicht einigen. Doch unsere Normen benötigen einen Konsens“, sagt Hans-Peter Ahle vom DIN. Normierungen des privaten Instituts sind freiwillige Selbstverpflichtungen der Industrie.

Michael Justus glaubt, dass es auch für den Handel sinnvoll wäre, sich auf den Universalbeutel einzulassen: „Je verwirrter die Kunden beim Einkaufen sind, desto eher weichen sie vielleicht auf den Onlinehandel aus.“ Wobei er natürlich auch nur durch die unübersichtliche Vielfalt der Angebote der Konkurrenz die Chance hat, mit seinem Universalbeutel Geld zu verdienen - als einfache Lösung in einer komplexen Welt. Anfang Juli soll der Verkauf in einer großen Drogeriekette starten.

Natürlich kann man einfach irgendeinen Beutel nehmen und hoffen, dass er in den heimischen Staubsauger passt und es dabei keine Komplikationen gibt. Beutelhersteller raten hiervon allerdings ab. Das sei eine Art Glücksspiel, bei dem der Staubsauger im Extremfall kaputt gehen könnte, weil die Gefahr besteht, dass Feinstaub in den Motor gelangt. Bei Melitta warnt man, dass die Kernfunktionen des Beutels – Saugkraft und Feinstaubfiltration – nur dann sichergestellt werden können, wenn die Form sowie die Halteplatte des Beutels möglichst präzise an die Saugerkonstruktion angepasst sind.

Die Suche nach dem Beutel

Das Sortiment an Staubsaugerbeuteln ist zwar unübersichtlich, digitale Suchmaschinen erleichtern einem allerdings mittlerweile die Auswahl. Per Smartphone kann man auf sie genau dann zugreifen, wenn man hilflos im Laden vor dem Regal steht, etwa über Filtermax, Staubbeutel-Profi und Swirl. Letztere offerieren ihren Kunden auch eine gedruckte Merkhilfe (Shopping-Memo) mit Typennummer zum Heraustrennen, sodass der Konsument beim nächsten Einkauf gleich weiß, welcher Typ benötigt wird.

Firmen wie Wenko bieten beispielsweise wiederverwertbare Beutel mit Reißverschluss an, die in der Waschmaschine gewaschen werden können, nachdem sie entleert wurden. Bei der Konkurrenz von Melitta hält man von dieser Variante nicht sehr viel, da die Staubsauger angeblich frühzeitig kaputt gehen könnten: „Verbraucher sollten Beutel entsorgen und sie nicht wiederverwenden. So ist gewährleistet, dass der Beutel den Staub sicher im Inneren hält und dem Gerät nicht schadet.“ Auch vor ungesunder Feinstaubkonzentration wird gewarnt.

Im Staub wimmelt es meistens von unangenehmen Dingen, die man lieber nicht einatmen möchte: Milben und deren Ausscheidungen, Pilzsporen, Mikroorganismen und natürlich Feinstaub. Am besten also zuerst die Beutelöffnung schließen und dann den Staubbeutel entnehmen.

• www.swirl.de/de/Staubsaugerbeutel-Suche-556.html