Sustainability-Strategie von Sport Conrad: "Wer es sich leisten kann, muss jetzt vorangehen"

2022-09-02 23:15:52 By : Ms. lisa chen

Was Sport Conrad macht, hat Strahlkraft. Wie der Wintersport- Spezialist die Branche zu mehr Nachhaltigkeit treiben will.

Sie haben sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt bei Sport Conrad. Sie wollen der nachhaltigste Sporthändler im alpinen Raum mit alpinen Produkten werden. Ist das sportlicher Ehrgeiz leidenschaftlicher Unternehmer und Sportler? "Was wir machen, machen wir richtig", betont Hans Conrad, der das Familienunternehmen gemeinsam mit seiner Schwester Christina Linder in vierter Generation führt. Mit Max Conrad (32) und Florian Linder (33) ist mittlerweile auch die fünfte Generation an Bord.

"Wenn wir Skitouren machen, dann machen wir die gescheit, wenn wir Langlauf ausbauen, dann professionell, und wenn wir an das Potenzial von Trailrunning glauben, dann wollen wir nicht einfach irgendein Trailrunning-Händler sein", so Hans Conrad. Die Sache mit der Nachhaltigkeit sei natürlich ein bisschen etwas anderes. "Ob wir wirklich der nachhaltigste sind, kann ja keiner messen. Aber da wollen wir hin, mit aller Kraft. Das wollen wir unseren Kunden, unseren Mitarbeitern und auch der Industrie signalisieren."

Sport Conrad möchte Vorreiter sein. "Wer es sich leisten kann, muss jetzt vorangehen", ist Conrad überzeugt.

Zwar mag er sich zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit seines Unternehmens, sprich Zahlen, nicht äußern, doch laut Bundesanzeiger steigen die Sport Conrad-Umsätze kontinuierlich. Zuletzt von 56,8 Mio. Euro im Geschäftsjahr 2019/20 (29. Februar 2020) auf 63,8 Mio. Euro im Geschäftsjahr 2020/21 (28. Februar 2021). Das letzte Geschäftsjahr war "ein Rekordjahr", lässt sich Conrad entlocken.

Dabei verdient das Unternehmen gutes Geld, der Jahresüberschuss lag 2020/21 bei 4,2 Mio. Euro (Vorjahr: 4,3 Mio. Euro). Ein Grund für den wirtschaftlichen Erfolg des Familienunternehmens, das in diesem Jahr 125. Jubiläum feiert, ist das starke Online-Business. Conrad hat das Potenzial von Online sehr früh erkannt, war 1999 mit einer Website im Netz präsent. "Unsere Agentur, die den Katalog gemacht hat, hat uns damals dazu geraten. Da ging es erst einmal gar nicht um Verkauf. Die Idee war, uns als modernes Unternehmen zu präsentieren."

Der erste Schritt ins Netz war ein Gipfelbuch, in dem sich Kunden eintragen konnten, Touren teilen usw. Damit war Conrad seiner Zeit weit voraus. "Nach einem Jahr hatten wir ganze drei Einträge." Die nächste Idee: Eine Excel-Liste mit Angeboten, die man per Telefon oder Fax bestellen konnte. Spätestens in dem Moment, als in einer einzigen Nacht 100 Bestellungen für einen bestimmten Freeride-Ski eingingen, alle aus Amerika, war Conrad klar, welche Reichweite ein kleiner bayrischer Sportfachhändler online haben kann. "Dieser Ski, der Gotama von Völkl, war in Deutschland im Prinzip unverkäuflich. Nicht aber in den Staaten, wo ein Freeride-Film-Vertrieb unser Angebot in seiner Community gepostet hat." Heute verkauft Conrad in fast jedem Land, in dem Ski gefahren wird. "Und wir hätten auch stationär nicht die Reichweite, wenn wir den Online-Shop nicht hätten. Kunden aus Bozen, aus Innsbruck, aus Nürnberg, die schauen vorher online und kommen dann vorbei."

Sport Conrad hat Gewicht in der Branche. Dieses Gewicht will das Unternehmen jetzt für seine Nachhaltigkeits-Offensive nutzen. Einen bestimmten Moment, der Hans Conrad zum Umdenken bewegt hat, gab es nicht. "Wir sind schon seit den 90ern in Kontakt mit Visionären wie Patagonia und Vaude. Damals ist es allerdings am fehlenden Interesse der Verbraucher gescheitert." 2018 war dem Vater von drei Kindern dann klar: "So kann es nicht weitergehen. Das haben uns auch einige unserer Kunden widergespiegelt, denen das Thema Klimaschutz auf der Seele brannte." Zumal Anbieter wie eben Patagonia und Vaude mittlerweile unter Beweis stellen konnten, dass Nachhaltigkeit – konsequent umgesetzt – funktioniert. Die Sport Conrad-Initiative "Wir denken um" – kurz: WDU – war geboren.

Doch schon recht bald merkte Conrad, dass man auch Nachhaltigkeits-Management professionalisieren muss. 2019 kam mit Stefanie Buchacher eine CSR-Beauftragte ins Unternehmen. "Damit bekam das Thema Gewicht." Heute ist WDU als eigenständiger, verantwortlicher Bereich etabliert, und es gibt ein abteilungs- und filialübergreifendes WDU-Team. Ebenso wie eine Roadmap, mit definierten Zielen und Maßnahmen für das laufende Geschäftsjahr 2022/23, 2025 und 2030. "Dafür haben wir vier Handlungsfelder und jeweilige Themenfelder festgelegt, um unser Engagement mit größtmöglichem Impact einzusetzen", erklärt Buchacher. Das sind: Verantwortungsvoll Wirtschaften, Nachhaltiges Angebot, Menschen stärken und Natur schützen. Zum Beispiel CO2: Bis 2025/2030 soll der CO2-Fußabdruck im Vergleich zu 2019 in den Bereichen Scope 1 und 2 um 70 % reduziert werden, in Scope 3 um 50 %.

Bereits umgesetzt wurde unter anderem der Verzicht auf ein den Katalog begleitendes Lookbook, die Einführung neuer nachhaltiger Papiertüten, der Umstieg auf transparente Papier-Bags statt Polybags und auf Versand-Boxen aus Recycling-Materialien.

Die große Herausforderung sind Hartwaren. "Zirkulär ist da noch gar nix", konstatiert Conrad. Es gibt erste Ansätze. Etwa den recycelbaren Skischuh von Tecnica. Die lebenslange Reparatur-Garantie vom Stock-Spezialisten Leki. "Aber die Branche steckt noch in den Kinderschuhen. Da müssen wir uns alle verdammt anstrengen." Wachsen will Conrad in Zukunft vor allem mit nachhaltigen Produkten. Heißt für die Lieferanten: "Wer nichts tut, wird mit uns keine steigenden Umsätze machen. Allein schon, weil die Sichtbarkeit im Online-Shop durch den Marketing-Fokus auf WDU abnehmen wird. Im Textilbereich merken wir das schon, da sind wir zwei, drei Jahre weiter als bei den Hartwaren." Hans Conrad kündigt an: „Ab jetzt wird’s richtig ernst." TW Podcast: Wie wird man eigentlich grün, Antje von Dewitz?

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