Biologisch abbaubar: So umweltschädlich sind die Öko-Taschen - WELT

2021-12-13 08:18:59 By : Ms. isabel Liu

Bis 2020 will die Supermarktkette Real Plastiktüten aus ihren Obst- und Gemüseabteilungen verbannen. Damit sollen rund 70 Millionen dieser Tüten eingespart werden. Aktuelle Zahlen zeigen, dass Plastiktüten bereits in Supermärkten immer weniger verwendet werden.

Auch Taschen aus biologisch abbaubarem Kunststoff können die Natur länger belasten als gedacht. Eine Studie zeigt, dass sie nach drei Jahren im Boden oder im Meerwasser noch so stabil sein können, dass sie auch bei mehr als zwei Kilogramm Inhalt nicht reißen. Biologisch abbaubarer Kunststoff zerfiel – wie gewöhnlicher Kunststoff – am stärksten, wenn er Luft und Sonne ausgesetzt wurde, berichten Imogen Napper und Richard Thompson von der University of Plymouth (Großbritannien) in der Zeitschrift „Environmental Science & Technology“.

„Biologisch abbaubare, oxo-abbaubare und kompostierbare Kunststoffe werden oft als mögliche Lösung für die Ansammlung von Plastikmüll und Müll angesehen“, schreiben die Forscher. Oxo-abbaubare Kunststoffe enthalten Additive, die das Material schneller abbauen. Da dabei Mikroplastik entsteht, das kaum noch abgebaut wird, gibt es in der EU Bestrebungen, solches Plastik zu verbieten.

Napper und Thompson wollten herausfinden, was mit den Materialien in verschiedenen Umgebungen tatsächlich passiert. Sie kauften bei lokalen Einzelhändlern Tüten aus verschiedenen Kunststoffarten, darunter Polyethylen (PE), aus dem die meisten Plastiktüten bestehen.

Die meisten Tüten schneiden sie in 15 mal 25 Millimeter große Stücke und legen sie in Netze aus hochdichtem Polyethylen mit einer Maschenweite von einem Millimeter. Anschließend hängten die Wissenschaftler die Netze im Freien auf, vergruben sie im Boden oder versenkten sie beschwert im Meerwasser. Nach neun, 18 und 27 Monaten nahmen sie Proben und untersuchten diese. Zudem waren ganze Plastiktüten den entsprechenden Umgebungen ausgesetzt.

Alle Kunststoffstreifen einschließlich des Polyethylens waren nach spätestens 18 Monaten im Freien vollständig zerfallen. „Die schnellere Fragmentierungsrate in der Luft ist wahrscheinlich auf höhere Anteile an ultravioletter Strahlung (UV) und Sauerstoff in Kombination mit höheren Temperaturen als in anderen Umgebungen zurückzuführen“, schreiben die Forscher.

Nach 18 Monaten hatte sich der kompostierbare Kunststoff auch im Meer aufgelöst, während er nach 27 Monaten noch im Boden vorhanden war. Seine Tragfähigkeit wurde jedoch durch Zugbelastung um mehr als 70 Prozent reduziert.

Die Tasche aus kompostierbarem Kunststoff war die einzige, die nach drei Jahren ihren Inhalt nicht mehr tragen konnte. Beutel aus oxo-abbaubarem, biologisch abbaubarem und gewöhnlichem Plastik, die drei Jahre im Meer und im Boden gewesen waren, fassten jedoch 2,25 Kilogramm.

„Diese Forschung wirft eine Reihe von Fragen auf, was die Öffentlichkeit erwarten kann, wenn etwas als biologisch abbaubar gekennzeichnet wird“, erklärt Thompson. Er betonte die Notwendigkeit von Standards für abbaubare Materialien. Das Fazit der Forscher lautet: „Für viele Anwendungen, in denen Kunststofftragetaschen zum Einsatz kommen, stellt die Haltbarkeit in Form einer gebrauchsfähigen und gebrauchsfähigen Tasche oft eine bessere Alternative zur Abbaubarkeit dar.“

Zu diesem Schluss kommt auch der Naturschutzbund (Nabu). Auch der Stoffbeutel ist aus ökologischer Sicht nur bei häufiger Nutzung besser als eine Plastiktüte: „Man geht davon aus, dass eine Tüte aus konventioneller (also nicht biologisch angebauter) Baumwolle mehr als hundertmal verwendet werden muss“ oft als erdölbasierte Plastiktüte zum Ausgleich der schlechteren Klimabilanz“, sagt Nabu.

Die Umweltschützer raten von der Verwendung von Bioplastiktüten jeglicher Zusammensetzung ab, da kein ökologischer Vorteil gegenüber der klassischen Plastiktüte nachgewiesen wurde.

Das EU-Parlament will den Verkauf von Einwegplastik wie Strohhalmen, Geschirr oder Wattestäbchen verbieten. Eine Abstimmung im Parlament soll die endgültige Entscheidung bringen. Umweltminister Schulze geht der Plan jedoch nicht schnell genug.

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