Greenwashing mit Verpackung - Medienblase

2021-11-16 13:57:28 By : Ms. Lane Zou

Alles für die Tonne?

In den ersten beiden Artikeln dieser Reihe wurde Greenwashing in Bezug auf zwei Branchen diskutiert, denen wir täglich begegnen, die Modebranche und die Lebensmittelindustrie. Schnell wurde klar, warum Unternehmen Greenwashing betreiben. Mit dem Ziel der Gewinnmaximierung ist es sinnvoller, nur den Anschein von Nachhaltigkeit zu pflegen, als die Arbeit tatsächlich zu tun und vor allem das Geld zu investieren. Reklamationen und Etiketten kosten nichts. Produktionsprozesse zu ändern, nachhaltig produzierte Rohstoffe zu verwenden und die Mitarbeiter fair zu bezahlen, ist viel teurer.

Sieht aus wie Pappe, ist es aber nicht. Auch in Getränkekartons kommen beispielsweise Aluminium und Kunststoff zum Einsatz. Bild: Madalyn Cox / unsplash

Auch beim Thema Verpackung sind Unternehmen mittlerweile sehr motiviert, nachhaltig denkende Kunden abzuholen. „Hergestellt aus recycelbaren Materialien“ oder „Verpackungen aus recycelten Materialien“ ist jetzt auf Milchkartons, Shampoo-Flaschen und allen möglichen anderen Produkten zu lesen.

Am 16. November 2020 hat die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zu Nachhaltigkeitsaussagen auf Produktverpackungen veröffentlicht. Das Urteil ist ernüchternd. Eines wurde von der Verbraucherzentrale kritisiert: Die „Altpapier-Looks“ der vermeintlich „grünen“ Verpackungen sind irreführend und landen oft im Papiermüll, wo sie als Verbundmaterial keinen Platz haben. Die Hinweise zur korrekten Entsorgung sind auf der Verpackung angebracht, doch viele Verbraucher lassen sich durch den Blick ins Innere täuschen, ohne auf den grünen Punkt oder ähnliche Symbole zu achten.

Verdächtig sind auch die neu hinzugekommenen Umverpackungen für „grüne“ Produkte. Gerade bei Zahnpastaverpackungen und auch bei Produkten wie Tofu fällt auf, dass die Produkte wie gewohnt in Plastik verpackt sind. Was immer häufiger zu sehen ist, sind zusätzliche Papierverpackungen oder Schachteln, die paradoxerweise darauf hinweisen, dass das Produkt „grüner“ ist als seine Vorgänger- oder Konkurrenzprodukte. Dass das Gehäuse eigentlich nur zusätzliche Ressourcen verbraucht und direkt vor Gebrauch entsorgt wird, lässt diese Behauptungen sehr unglaubwürdig erscheinen. Auf Anfrage der Verbraucherzentrale gaben die Unternehmen an, den zusätzlichen Platz für Produktinformationen zu benötigen, obwohl diese Informationen, beispielsweise bei Zahnpasta, bisher auf der Tube selbst Platz gefunden haben und viele Hersteller dies noch tun. Mit Nachhaltigkeit hat das, wie leider so oft, wenig zu tun.

Gut zu wissen: Verpackungsmüll immer komplett trennen, dh Becher und Deckel getrennt im Abfall und den Aludeckel komplett von der Kunststoffschale trennen. Dann können die verschiedenen Materialien richtig sortiert werden. Kunststoff zB: Plastiktüten, Joghurtbecher, Aluminium zB: Kronkorken, Getränkedosen, Weißblech zB: Konservendosen, Verbundverpackungen zB: Getränkekartons, Kaffeeverpackungen

Das gehört in den Gelben Sack / Gelbe Tonne: Kunststoff zB: Plastiktüten, Joghurtbecher, Aluminium zB: Kronkorken, Getränkedosen, Weißblech zB: Konservendosen, Verbundverpackungen zB: Getränkekartons, Kaffeeverpackungen

Gut zu wissen: Gefrierverpackungen sind speziell versiegelt und somit kein Papiermüll. Sie gehören in den gelben Sack. Kunststofffenster auf Papierverpackungen möglichst im gelben Sack entsorgen.

Das gehört ins Altpapier: Papier zB: Zeitungen, Broschüren Karton zB: Eierkartons, Mehlsäcke Pappe

Gut zu wissen: Alte Glühbirnen können im Restmüll entsorgt werden. Energiesparlampen können beispielsweise im nächsten Baumarkt entsorgt werden. Das gleiche gilt für Batterien. Bitte niemals im Restmüll entsorgen.

Das gehört in den Restmüll: Alle Materialien, die nicht in die anderen Tonne und nicht in den Sondermüll gehören, zum Beispiel: Asche, Gummi, Fotos, Frittier- und Frittierfett, Porzellan, Stoffreste

Aber was gehört in welchen Mülleimer? Das duale System gibt es in Deutschland seit den 1990er Jahren. Das bedeutet, dass Unternehmen eine Lizenzgebühr zahlen müssen, wenn sie Verpackungen herstellen und verkaufen. Der Grüne Punkt zum Beispiel ist ein solches System. Das sieht man bei den Verbrauchern: drinnen zum Beispiel, dass für die Müllsäcke und die Abholung des Gelben Sacks (und der Gelben Tonne) keine Gebühren zu zahlen sind. Dieser wird uns leider nicht geschenkt, sondern ist in der Regel vom Unternehmen im Produktpreis enthalten. In den Gelben Sack gehören streng genommen nur Verpackungsabfälle wie Joghurtbecher, Aludosen und Verbundverpackungen wie Getränkekartons. Anderer Plastikmüll sollte eigentlich als Wertstoff entsorgt werden, da dieser nicht Teil des dualen Systems ist.

Bei Verpackungsabfällen unterscheiden die Sortieranlagen zunächst nach der Art des Kunststoffs, denn was auf den ersten Blick gleich aussieht, muss nicht unbedingt gleich sein. Ein Problem beim Recycling besteht darin, dass manche Verpackungen aus Misch- oder Verbundmaterialien bestehen oder andere Stoffe (zB Weichmacher oder Farbstoffe) zugesetzt werden. Dies schränkt die Wiederverwendung nach dem Recyclingprozess erheblich ein. Wie gut eine Verpackung recycelt werden kann, entscheidet sich bereits bei der Herstellung oder Konzeption. Besteht eine Verpackung aus zu vielen Stoffen oder ist sie aus anderen Gründen trotz aller Versprechen nicht gut für eine Wiederverwendung geeignet, endet ihre Reise in der Müllverbrennungsanlage. Wenn die Verpackung jedoch recycelt werden kann, ist die Chance gering, dass daraus neue Verpackungen entstehen. Da kein „Primärmaterial“ sondern Mischmaterialien verwendet werden, reicht es dann nur noch für das „Downcycling“. Auch hier wird deutlich, dass bei der Herstellung der Verpackung andere Prioritäten gelten müssen.

Wie viel Plastikmüll tatsächlich recycelt wird, lässt sich nicht mit absoluter Sicherheit sagen. Geht man von den lizenzierten Verpackungen aus, lag die Quote 2018 laut NABU bei 42 Prozent. Die tatsächliche Zahl ist wohl viel niedriger. Viele Hersteller lizenzieren ihre Verpackungen nicht, um Gebühren zu vermeiden. Rund 20 Prozent Verwertungsquote bei Abfällen (nicht ausschließlich duales System) kommt der Realität näher. Um diese Zahl deutlich zu erhöhen, müssten einige Hebel in Bewegung gesetzt werden.

Ein kleiner Schritt für die Menschen, ein großer Schritt für die Recyclingquote: Mülltrennung. Bild: Naarita Martin / unsplash

Der erste Schritt zu einer höheren Quote beginnt bei uns. Wird zu Hause besser und sorgfältiger sortiert, landen mehr potenziell wiederverwertbare Abfälle bei den Entsorgungsunternehmen, denn ohne Mülltrennung kann Recycling nicht funktionieren. Wie bereits erwähnt, liegt die Verantwortung auch bei den Unternehmen selbst, die für die Zusammensetzung ihrer Verpackungen verantwortlich sind. Anstatt nur „grüne“ Etiketten auf die Verpackung zu drucken, können Sie die Verpackung anders gestalten und so Ihrer Teilverantwortung gerecht werden. Außerdem müssen sich die Richtlinien ändern. Rezyklate sind in der Anschaffung meist teurer als neues Vormaterial. Hier kann die Politik eingreifen und beispielsweise eine Recyclingquote einführen. Auf diese Weise kann die gesamte Infrastruktur rund um das Recycling gestärkt werden. Abfallvermeidung ist noch besser für die Umwelt und der deutlich nachhaltigere Ansatz. Bei kürzeren Lieferketten werden viele Verpackungen überflüssig. Die meisten Verpackungen werden verwendet, um die Haltbarkeit eines Produkts zu verlängern, damit es lange Strecken unbeschadet übersteht. Produkte in größeren Mengen direkt an Endverbraucher verkaufen: Auch das Innere oder das Konzept des Bulk-Stores könnten hier relevant sein. Denn wo keine Verpackung hergestellt wird, muss sie nicht recycelt werden.

Den in Frankreich entwickelten Eco-Score testet Lidl 2021 in seinen Berliner Filialen. Dabei werden verschiedene Faktoren wie „Energie- und Ressourcenverbrauch, CO2-Emissionen sowie Luft- und Wasserverschmutzung“ ermittelt. Ausgehend von einem einheitlichen Basiswert werden dann Plus- und Minuspunkte für klimafreundliche bzw (sehr schlecht). Solche Bewertungssysteme können Verbrauchern bei der Entscheidungsfindung helfen und gleichzeitig die Methoden des Unternehmens hinterfragen. Der vierte und letzte Teil dieser Serie beschäftigt sich mit Entscheidungshilfen und der Handlungswertlücke – also dem Widerspruch zwischen unseren Werten und unserem tatsächlichen Handeln. Darüber habe ich mit Kathrin Reichmann, Doktorandin der Psychologie an der Universität Tübingen, gesprochen. Sie ist Teil der Arbeitsgruppe „Soziale Kognitions- und Entscheidungsforschung“ und erklärt, wie die Handlungswertlücke entsteht und was wir tun können, um diese Lücke zu schließen.

Verpackung ist nicht gleich Verpackung. Und die gemachten Ansprüche sind leider nicht so transparent, wie man es gerne hätte. Leider scheint das Problem mehr oder weniger das gleiche zu bleiben: Es geht um Image und Umsatz. Nachhaltigkeit ist Trend und wer nachhaltig wirbt, verkauft mehr. Greenwashing ist ein Problem, das sich aus dem wachsenden Interesse an Nachhaltigkeit entwickelt hat. Auf der einen Seite ist es ein großer Fortschritt, dass so viele Kunden beim Einkaufen auf Nachhaltigkeit achten und versuchen, bessere Entscheidungen zu treffen, insbesondere wenn man aktuelle Ereignisse im Zusammenhang mit dem Klimawandel im Blick behält. Dass die Konzerne ihre Verantwortung scheinbar nicht ernst nehmen und die Verbraucher bewusst irreführen, hinterlässt einen bitteren Beigeschmack. Auch die Politiker scheinen den Ernst der Lage noch nicht verstanden zu haben, die Prioritäten liegen auf den falschen Dingen, so die Stimmen vieler Kritiker.

Es gibt keine Richtlinien, die die Herstellung von Verpackungen regeln und sich auf Abfallvermeidung und Recycling konzentrieren. Auch Unternehmen werden nicht ausreichend zur Rechenschaft gezogen, etwa mit Müllverbrennungsgebühren oder Recyclingquoten für die Herstellung von Verpackungen. Die Bürger müssen ihre Möglichkeiten nutzen, die Politik zur Rechenschaft zu ziehen und sie zum Handeln zu bewegen. Jeder kann seine eigenen Entscheidungen hinterfragen: Wie vermeide ich Verpackungen zu Hause und beim Einkaufen? Trenne ich meinen Müll richtig? Kann ich bestimmte Produkte als Nachfüllpacks kaufen oder gegen eine unverpackte Alternative eintauschen? Schon kleine Veränderungen wirken sich positiv aus und können inspirieren und informieren.

Weitere Informationen zu Verpackungen und hilfreiche Informationen zur richtigen Mülltrennung und -entsorgung finden Sie in den Quellenlinks unten.

Media Bubble - das ist der medienkritische Blog von Studierenden der Universität Tübingen. Thematisch basieren unsere Beiträge auf drei Säulen: Medienkritik, Medienwissenschaft, Medienpraxis

Redaktionelle Leitung von Media Bubble: Marie-Claire Krezer

Zur Zeit keine Bilder verfügbar