Bowl-Trend: der Food-Trend, der hoffentlich bald vorbei ist - WELT

2021-11-16 13:53:36 By : Ms. Natalie Mo

Als vor etwa zwei Jahren der Trend bei Bowl-Gerichten aufkam, war er wie bei allen Neuheiten: Übereuphorie verbreitet. „Was für ein Hype“, „Ich muss das auch“, „Alle Teller aus den Schränken schmeißen“, müssen sich die „Early Adopters“ gedacht haben, so nennen Marktforscher angesagte Trendpioniere. Denn mit einem Schlag war die Schüssel überall. Es ersetzte sogar das Einmachglas als trendiges Glas. Bis dahin wurden hier Birchermüslis und Schlürfsuppen in Szenekneipen und auf Events serviert.

Diese Sauerei im Einmachglas gefiel dem Hipster natürlich nur bedingt. Wer Symmetrie bei Instagram-Fotos mag, mag es auch beim Essen aufgeräumt. Die Schüssel kam wie gerufen. In den Tiefen der Schüssel kann man nicht nur die gängigen Kohlenhydrate von Pasta bis Reis verstecken, die auf dem Instagram-Account ohnehin nicht besonders gut sind. Alles, was Sie sehen können, sind sauber filetierte Avocados, Beeren und ein paar Gemüsespiralen.

Denn darum geht es beim Lunch heute eigentlich: Viele Likes ersetzen das Sättigungsgefühl. Als Kind war ich persönlich stolz, als ich in meiner Buchstabensuppe genug Übersicht hatte, um ein bestehendes Wort in ein bestehendes Wort mit vier oder, wenn es gut läuft, fünf Buchstaben zu setzen. Hätte man damals nur Instagram gehabt, denn aus heute nachvollziehbaren Gründen war die Begeisterung meiner Eltern überschaubar.

Wenn es euch wie mir geht, könnt ihr jetzt mit eurem #powerbowl auf Instagram all die bisher schmerzlich versäumten Anerkennungen für Essensarrangements nachholen. Denn an der Schale ist alles im Blick und so akkurat angeordnet, dass das Herz eines jeden Aufgeräumten vor Freude hüpft. Das lässt auch auf dem Instagram-Account Herzen höher schlagen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Kreation tatsächlich zusammenpasst. Wie auf diesem Instagram-Bild zu sehen ist, das irgendwie den Hashtag #ResteEssen hervorruft:

Versteh mich nicht falsch, die Bowls sind lecker. Ich auch. Nur nach was? Mit Gerichten auf einem Teller erkennen Sie genau, was Sie gerade zubereiten werden: Fleisch, Beilagen, Gemüse, Sauce oder Serviette. Bei einer Schüssel hingegen: War das ein Apfel oder eine Kartoffel? Oder ist es Feta? Und nach ein paar Bissen ist alles so vermischt, dass es zwar auf seine Art lecker ist, aber im Mund nur ein undefinierbares Potpourri ergibt. Erinnert an das Konzept der "Hipp-Brille".

Natürlich gibt es Dinge, die in Schalen gehören. Müslis, Suppen und alles was ohne Rand weglaufen kann. Aber vor allem Salate können meines Wissens nicht davonlaufen. Oder Quinoa. Oder Kichererbsen. Die Verwendung eines Tellers ist ein unvermeidlicher Teil des Erwachsenenlebens.

Marktforschungsunternehmen begründen den Hype um Bowls gerne mit ominösen Studien, denen zufolge Essen aus einer Schüssel glücklicher macht. Nicht ich. Eine andere Studie der Universität Oxford behauptet, dass das Essen aus einer quadratischen Schüssel sogar beim Abnehmen helfen würde – weil Sie im Stehen aus einer Schüssel essen können. Oder etwas ähnliches. Lass das bitte nicht die Trendsetter hören. Ansonsten muss ich neben der Sehnsucht nach dem guten alten Teller bald eine Vermisstenmeldung über Sitzgelegenheiten in Restaurants schreiben.

Warum ist der Autor in Restaurants so oft Schalen ausgesetzt? Gloria von Bronewski sammelt auf ihrem Reiseblog neue Food- und Reisetrends. Und manchmal auch die weniger praktischen.

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