Kehrseite von Fast Food: To-Go-Mentalität belastet die Umwelt - n-tv.de

2021-11-26 06:33:42 By : Mr. luca lu

Lieferdienste und To-Go-Angebote produzieren riesige Mengen an Verpackungsmüll.

Der Trend zu umweltbewussten Lebensmitteln nimmt zu und das Geschäft mit vegetarischen und veganen Lebensmitteln boomt entsprechend. Dabei ignorieren viele, dass es nicht nur um den Inhalt geht, sondern auch auf die Verpackung.

Es hat sich herumgesprochen, dass Einwegbecher für Kaffee zum Mitnehmen eine Umweltsünde sind. Aber die Müllprobleme durch Essen und Trinken sind noch lange nicht vorbei. Unzählige Restaurants, Imbisse, Bäckereien und Supermärkte in Deutschland bieten Salate, Sushi, Burger, Fruchtjoghurts und andere kleine Mahlzeiten in Einwegbehältern an. Und das sind nur die stationären Läden - dazu kommt der Lieferboom bei Lebensmitteln, der die Verpackungsmüllflut noch verstärkt.

Dahinter stehen die sich ändernden Bedürfnisse hungriger Kunden: Viele wollen schnell, unkompliziert und möglichst ohne sich die Finger schmutzig zu machen. Einfach aufreißen und reinbeißen ist die Devise. „Nie war Essen bequemer, aber umweltfreundlicher noch nie“, sagt Thomas Fischer, Experte für Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe. "Es gibt einen wahren Boom bei vorverpackten Lebensmitteln."

Bioläden sind da keine Ausnahme. Das bringe den Händlern und Verpackungsherstellern große Gewinne, weil die Vorportionierung teuer bezahlt werden müsse, kritisiert Fischer. „Kleine Salate in einer Hartplastikschale können schnell bis zu fünf Euro kosten, und selbst ein einfaches Sandwich in der Hartplastikschale kostet vier Euro und mehr für den Hunger unterwegs. Es lohnt sich also, Ressourcen zu verschwenden“, sagt der Experte.

Eine Lösung könnten aus seiner Sicht Mehrwegsysteme sein: „Kunden bestellen Essen auf Rädern in Mehrwegkartons gegen Pfand und lassen sie bei der nächsten Bestellung vom Lieferanten mitnehmen“, schlägt Fischer vor. Dies ist besonders für Personen geeignet, die regelmäßig bei Online-Lieferdiensten bestellen. Dafür müssten aber auch die politischen Rahmenbedingungen angepasst werden. Neben steuerlichen Anreizen für die Verwendung von Mehrweggeschirr kann auch eine Ressourcensteuer für das Inverkehrbringen von Verpackungen helfen, die Müllberge zu schrumpfen.

In Stuttgart gibt es bereits eine Mehrweg-Take-away-Initiative: Neun Restaurants haben sich dort zusammengetan, um ihren Kunden Mehrwegbehälter für verschiedene Gerichte sowie Becher für Müsli und Getränke anzubieten. Die Speisen können in einem der Partnerrestaurants zurückgegeben oder nachgefüllt werden.

Auch der Fastfood-Riese McDonald's muss sich wegen seiner großen Menge an Einwegverpackungen Kritik von Umweltschützern gefallen lassen. Fast 46.000 Tonnen Verpackungen hat das Unternehmen im vergangenen Jahr in Deutschland in Umlauf gebracht, darunter Kartons für Burger, Chicken Nuggets und andere Gerichte sowie für den Transport, aber auch Servietten, Trinkhalme und Werbeflyer. Auf Kundenwunsch serviert die Kette nun auch Kaffee zum Mitnehmen in mitgebrachten oder im Restaurant gekauften Mehrwegbechern sowie Kaffee, Kuchen und Muffins zum Verzehr vor Ort in ihren McCafés auf Porzellangeschirr.

Ähnliche Schritte für den Rest des Angebots sind nur in einigen Bereichen verfügbar. Man teste "im Hinblick auf die weitere Reduzierung von Verpackungsmaterialien immer wieder unterschiedliche Konzepte", heißt es mit Verweis auf eine neue Gourmet-Linie, bei der die Burger lediglich mit einer kleinen Papierhülle versehen und auf einem Tablett angeordnet werden. Bis 2020 will das Unternehmen zudem weltweit nur noch recycelte Materialien oder Papier aus zertifizierter Forstwirtschaft verwenden.

Die Verpackungsflut macht sich besonders in der warmen Jahreszeit bemerkbar, wenn es viele Menschen zu Mittagspausen, Picknicks oder Grillabenden an die frische Luft zieht. In den Fußgängerzonen der Städte quellen die öffentlichen Mülleimer mittlerweile über – solange Lebensmittelverpackungen oder Pappbecher nicht irgendwo im Park oder am Straßenrand weggeworfen werden. Mit der wachsenden Menge an Verpackungen beklagen viele Städte auch eine zunehmende Wegwerfmentalität der Bürger. An der renaturierten Isar in München zum Beispiel hinterlassen Grill- und Partyfreudige vor allem an den Sommerwochenenden Müllberge, darunter jede Menge Einwegverpackungen für Speisen und Getränke.

Auch das Umweltbundesamt sieht veränderte Konsum- und Konsumgewohnheiten als wichtigen Grund für den Anstieg des Verpackungsmüllbergs auf die Rekordmenge von knapp 18 Millionen Tonnen im Jahr 2014. Gut 8 Millionen Tonnen entfielen auf private Endverbraucher, da Verpackungs sagt Experte Gerhard Kotschik vom Umweltbundesamt. Die zunehmende Mobilität der Menschen, der Trend zu verzehrfertigen Mahlzeiten und eine wachsende Zahl von Ein- und Zweipersonenhaushalten dürften das Volumen auch in Zukunft leicht ansteigen lassen.

"Aber es wird auch Gegenbewegungen geben", sagt Kotschik. Sind die Menschen erst einmal sensibilisiert und bereit, ihr Verhalten zu ändern, werden auch große Anbieter ihr Vorgehen wahrscheinlich überdenken. Das zeigt sich neuerdings auch bei Plastiktüten: Seit dem Ende der kostenlosen Plastiktüten in vielen Geschäften ist deren Verbrauch in Deutschland rapide gesunken.

Quelle: ntv.de, Christine Schultze, dpa