Marl: Kein Plastik mehr: Reispappe hält die Currywurst warm

2021-11-04 10:43:42 By : Mr. David Zhai

Nur wenige Kunden unkten, als Imbissbetreiber Gerd Bleistein (63) Anfang 2020 Einweg verbannte und auf Ökostromgeschirr gesetzt: „Jetzt wirste auch so'n Öko-Fuzzy“ oder „Gleich gibt's Bio-Würstchen“, wurde er zu hören. Aber die meisten Gäste hätten ihn gelobt: „Toll, dass ihr das macht!“

„Mich haben die ganzen Verpackungen schon immer gestört. Zum Abschluss meines Berufslebens wollte ich was Gutes tun“, sagt Bleistein. Klimaaktivistin Greta Thunberg hat ihn überzeugt, dass jeder etwas für den Umweltschutz tun kann.

So schaffte er für seine kultige „Grillhütte 2“ an der Brassertstraße, eine der letzten Pommesbuden in Marl, Pikser aus Holz an. Die Gabeln stammen aus biologisch abbaubarem Eiweiß, Plastiktüten und -schälchen ersetzte Gerd Bleistein durch Verpackungen aus Maisstärke.

„Die halten super warm. Und Currywurst mit Soße trieft nicht durch“, sagt Mitarbeiterin Annika Dopatka. Pommes ohne Soße kommen auch mal in günstigere Pappschalen. Die Kunden nehmen das an. „Plastik landet ja sonst im Müll“, meint Margitta Walter aus Drewer. Und Murat Basoglu aus Hamm lobt: „Für die Umwelt ist das gut. Das können sich andere abgucken.“

Durch die neuen Verpackungen wurde die Müllmenge halbiert, berichtet Gerd Bleistein. Wer vor Ort isst, bekommt gespültes Besteck. Anfangs sei es noch schwierig gewesen, umweltfreundliche Verpackungen zu bekommen. Jetzt nicht mehr. Gerd Bleistein bestellt bei einem Großhändler aus Oberhausen, der nachhaltige Verpackungen anbietet. Schalen aus Bagasse (mit dem nachwachsenden Rohstoff Zuckerrohr) sind mit 18 Cent leider doppelt so teuer wie die aus Styropor oder Plastik. Trotzdem musste der Imbissbetreiber sterben Preise bisher nicht erhöhen: Er habe jetzt 50 Kunden mehr am Tag als früher.

Seit 3. Juli ist das Herstellen von und Handeln mit Plastikverpackungen und Einwegbesteck EU-weit verboten. Ihren Bestand dürfen die Gastronomen noch unter die zahlenden Kunden bringen, aber dann ist Schluss mit dem Kunststoff. In den Regalen von Edeka Zutz fand unsere Redaktion noch vereinzelt bunte Party-Picker aus Plastik, aber auch Schälchen aus nachwachsenden Rohstoffen sowie Mehrweg-Becher und Tassen aus Polypropylen, einem wiederverwertbaren Kunststoff.

Inhaber Hans-Günter Zutz bezieht sich auf sie von der Edeka-Zentrale. Er findet das Plastik-Verbot eine „Super-Sache – auch aus hygienischen Gründen: Es fliegt doch überall Plastikgeschirr herum.“ Allerdings sind kunststofffreie Verpackungen teurer. Die Märkte werden die höheren Einkaufspreise an die Verbraucher weitergeben, prophezeit Zutz.

Im Rewe-Supermarkt Te-Ko in Alt-Marl seien die meisten Plastikprodukte schon längst aus dem Programm verschwunden, teilt Filialleiterin Silke Koppers auf Nachfrage mit. Unter den Kunden sei die neue Verordnung auch noch kein großes Thema. Welche Ersatzprodukte stattdessen in Zukunft verkauft werden, WIRD Sich zeigen.

Plastikbesteck entdeckten wir noch in vielen Grillstuben und Eiscafés. Serhildan Akdogan, Inhaber des Can Imbiss an der Victoriastraße, eine der letzten Dönerbuden Marls, wird erstmal seine alten Plastikgabeln verbrauchen. Gute Alternativen fand er bisher nicht: Die neuen Verpackungen sind teuer.

Marco Marino, Inhaber des Eiscafés San Marco am Brasserter Markt, ist ebenfalls skeptisch: Die biologisch abbaubaren Eisbecher, die Ein Anbieter aus Neuss für ihn individuell bedruckt, sind teurer und nehmen mehr Platz weg als die knallbunten Plastikschalen. Aus denen triefe die Erdbeersoße auch nicht heraus. Die beste Alternative zum Mitnehmen sei immer noch die gute alte Waffel.

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